Mittwoch, 24. Oktober 2012

Polen, fünfter Tag

Krakau. Krakow.

Die Stadtführerin führt hoch auf die Königsburg, den Wawel. Leider ist alles noch ein wenig in schummrigen Nebel gehüllt. 
  Gut 500 Jahre lang war Krakau Königsstadt. Und so gibt es auf der Königsburg eine Kathedrale mit vielen später angebauten Seitenkapellen. Am Eingang der Kirche auf dem Wawel hängen Knochen, die eines Wals und eines Wollnashorns. Der Sage nach errichtete der Stammesfürst Krak die Stadt auf einem Drachenhügel - selbstverständlich erst, nachdem er den Drachen getötet hatte. Und so lange die Knochen dort am Eingang hängen, ist Krakau vor Unheil geschützt.
 In Krakau war Johannes Paul II. vor seiner Wahl zum Papst Erzbischof. 
Durch die Universität von Krakau führte ebenfalls jemand, erzählte von Kanzlern und Senat, zeigte die Schatzkammern und führte weiß behandschuht einen alten Globus vor. 

Draußen auf dem Marktplatz paradierten die Jäger und feierten Hubertustag. Dafür waren wir rechtzeitig in der Marienkirche, trotz großem Andrangs. Die Flügel des Altars waren noch geschlossen und pünktlich um 12 kam eine junge Nonne und öffnete sie. Wer je Bilder dieses Altars von Veit Stoß gesehen hat, irgendwo, auf dem Papier, der kann sie vergessen. Echt. Fahr hin. Gucks dir in echt an. Einfach großartig. 
Aber damit war ja erst der halbe Tag um. In der anderen Hälfte ging es noch einmal unter die Erde, in die königlichen Salzgruben nach Wieliczka. Viele Stufen lang ging es tief in die Erde, 64 Meter. 

Die Holzbalken wurden ohne Metall verbaut: So versteinern sie mit der Zeit. Metall dagegen löst sich im Salz auf. Und die Wände waren schon ziemlich salzig, ich hab mal dran geleckt. 
Auch hier wohnten Pferde unter der Erde. Allerdings durften sie ab und an oben Urlaub machen, aber auch nur im Dunkeln. 
 Eine Menge Holz wurde hier verbaut. Und von den ganzen Schächten und Sohlen habe ich nur etwa zweieinhalb Kilometer gesehen. Der Rest ist nur für die Bergleute. 
 Unterirdische Seen gab es und unterirdische Kapellen und Säle. Zauberhaft. Schön wars. Den Weg nach oben durften wir allerdings mit einem Aufzug fahren.




 

Dienstag, 23. Oktober 2012

Polen, vierter Tag (Teil zwei)

Der zweite Teil des vierten Tages war das Kontrastprogramm: Besuch in Oswiecim. Auschwitz. 

Das Stammlager war ursprünglich eine Kaserne der polnischen Armee, 1940 kamen der erste Transport, reichsdeutsche Strafgefangene, die hier Funktionen übernehmen sollten.
Zwar gibt es Bilder, ich hab darüber gelesen - doch als ich selbst dort war, die Berge an Haaren und Schuhen sah, von denen jedes Foto nur einen kleinen Ausschnitt zeigen kann - das Grauen des Ortes ist klar zu spüren.

Auch im Konzentrationslager gab es noch ein extra Gefängnis. Hier waren im Keller Stehzellen eingerichtet, in die Häftlinge zur Strafe kamen: durch ein Loch, unten in der Wand, kuchenblechgroß, mussten die Verurteilten kriechen und sich zu viert eine Fläche von knapp einem Quadratmeter teilen. Pater Maximilian Kolbe opferte sich für einen Mitgefangenen und wurde statt diesem in die Hungerzelle gesperrt und weil er nach zwei Wochen noch nicht verhungert war, durch eine Spritze ins Herz hingerichtet.





 Ein Stück entfernt ist das Lager Auschwitz-Birkenau. Hier fehlen einfach die Worte, so wie die Menschen der Welt fehlen, die hier ankamen, um ihre letzten Schritte bis in den Tod zu gehen. 



 








Montag, 22. Oktober 2012

Polen, vierter Tag

Der vierte Tag in Polen fiel in zwei Teile auseinander, wie sie gegensätzlicher kaum sein konnten: Zuerst Schloss Pleß, oder Pszczyna, anschließend Auschwitz mit dem Vernichtungslager Birkenau.

Durch Schloss Pleß führte eine alte Dame. Sie schwärmte von Daisy, die hier mal lebte, und Fürst Bolko, der in München lebt und seinen Besitz zwar nicht zurückerhielt, doch ab und an zu Besuch kommt. Die große Residenz überstand den zweiten Weltkrieg unbeschadet - und wird wieder so eingerichtet, wie es auf alten Fotografien zu sehen ist
Überall, auf den Stuhllehnen und den Türklinken war das Wappen der Familie der Fürsten von Pleß, und es kam die ganze Aristokratie Europas mit Hund und Horn hierher, wie die alte Dame immer noch begeistert berichtete. Die Trophäen an den Wänden überall sprachen Bände: Ein Wolf, an den Pfoten aufgehängt, Biberfell, Elefantenstoßzahn, Auerhahn, Gämshörner, ein weißer Fasan, Steinbock, Hirsch und Reh ist ja fast profan gegen Nashorn und Elch. "Man sagt nicht: erschossen, sondern: erlegt", entrüstete sich die Führerin über eine despektierliche Bemerkung und pries immer wieder die Nekropole der fürstlichen Familie im Garten an. Diese sollte unbedingt besichtigt werden.
Ein Kronleuchter von wahrhaft gigantischem Ausmaß,
der Spiegelsaal:

und zwei etwas gelangweilte Wächter auf der Gartenseite...



Hier im Schloss spielte sich die Weltgeschichte einst ab, behauptete die Schlossführerin und verwies darauf, dass Hindenburg Lagebesprechung am großen Tisch abhielt, es gab Geheimgänge im Salon und fast in jedem Zimmer kam der Werbehinweis auf Bücher, in denen über die Geschichte des Schlosses geschrieben sei, wie Daisys Tagebücher. Den zweiten Teil des Tages gibt es morgen, in einem neuen Post.
 


 

Donnerstag, 18. Oktober 2012

Polen, dritter Tag

Zabrze

Wie soll ich sagen, die Stadt hat ebensolchen herben Charme, wie der Kohlenpott. Nicht viel zu gucken, aber das kriegen wir noch. Zuerst fuhr der Bus zu einer Dampfmaschine, die war aber noch nicht fertig angeheizt. Auf dem Gelände stand verschiedener Militärkram eben mal so herum, so wurde die Zeit nicht so lang.
Irgendwann war auch fertig geheizt. Und eine riesengroße Fördermaschine lief. Klar, da hat auch jemand noch was Genaueres dazu erzählt. Leider das Meiste auf polnisch...
Außerdem gab es noch vom Förderturm eine Aussicht von oben, auf viel Nichts. Aber nett war es, ja.
 Weil dann Zeit war - und nichts zum Angucken, - hier wurde malocht, da gibt es keine Flaniermeile - fuhr der Bus zu einem Einkaufszentrum, wie es sie auch bei uns zu Tausenden gibt. Glücklicherweise war es draußen sonnig und die Straßenmeisterei hat für Unterhaltung gesorgt, indem sie zwei Autos so hübsche gelbe Schuhchen auf die Reifen geschraubt hat. Bis die Besitzer jeweils kamen und zahlten.
Nachher ging es unter Tage, 170 Meter tief. Und weil Touristen zwar Helme wie Bergleute kriegen, aber dadurch keine werden, fuhr der Förderkorb nur mit sieben Metern pro Sekunde abwärts, statt mit zwölf. 
 Ab jetzt wurde es lustig: Einer hat erklärt, auf polnisch. Und einer hat versucht, zu übersetzen. Aber kaum hatte der Übersetzer einen halben Satz gesagt, schnatterte der erste schon wieder auf polnisch mindestens zehn Sätze. Himmel hilf. Und so hab ich nur, na, vielleicht ein Zehntel verstanden. Immerhin gab es mal achtzig Pferde hier unten, jedes hatte einen Tag Arbeit und einen Tag frei. Nur nach oben kamen sie nie wieder. 
Nach anderthalb Stunden waren wir aber wieder glücklicherweise oben. Mit vielen polnischen Erklärungen.
Interessant ist es auch, wenn man polnisches Essen bestellt. Wer bei einer Suppe aus roten Beten, Borstsch genannt, an die russische Variante denkt, in der alles mögliche herumschwimmt und von der man auch richtig satt werden kann, guckt dann doch etwas sehr erstaunt, wenn er ein klares rotes Wasser im Suppennapf serviert bekommt. Zwar gibt es ein Gebäckstück, ein Hörnchen aus Hefeteig mit Fleischfüllung dazu, doch die Enttäuschung der Mitreisenden war hörbar. 
Morgen geht es weiter...

 
 
 

Mittwoch, 17. Oktober 2012

Polen, zweiter Tag

Breslau
Eine Stadtführerin fährt im Bus mit und erklärt vieles, was ich sonst nur erraten könnte. Im alten Gefängnis saß schon Rosa Luxemburg, davor ist die Psychiatrie, daneben das Standesamt, gegenüber noch Finanzamt und Feuerwehr. Und so nennen die Breslauer diese Gegend einfach Katastrophen-Ecke. 
Bunker aus den vierziger Jahren, grüne Hügel aus Schutt und eine Straße, die einst eine Landebahn war, zu der Zeit, als Breslau eine Festung sein sollte. Häuser wurden dafür gesprengt, doch genutzt hat es nichts. 
Die Säulen vor der Jahrhunderthalle habe mal ein Dach gedeckt, sagt die Stadtführerin. Dann hätten aber keine Stiefmütterchen darunter wachsen können. 

Wer über siebzig Jahre alt ist, der kann hier kostenlos mit den öffentlichen Nahverkehrsmitteln fahren. Das ist ja gegenüber Görlitz doch ein echtes Alleinstellungsmerkmal. 
Der Zahnstocher vor der Jahrhunderthalle, die übrigens Weltkulturerbe ist, reicht 96 Meter hoch in den Himmel.
Der Dom von Breslau, im April 45 durch Bombe getroffen, davon sieht man glücklicherweise natürlich nichts mehr.
Im Dom steht die Orgel aus der Jahrhunderthalle, die übrigens deswegen so heißt, weil sie an die preußischen Befreiungskriege gegen Napoleon erinnern sollte, einhundert Jahre später. Jeden Sonntag werden sieben Messen gefeiert, da ist die Welt noch in Ordnung. 
Auch Nepomuk steht herum, der sich ja lieber in Prag in die Moldau schubsen ließ, als das Beichtgeheimnis zu verraten. Ganz süß sind die vielen Zwerge, die ich in der Stadt fand. Hier ist einer, der die Gaslaterne anzündet.
   
 Und hier ist noch einer, der sitzt vor dem alten Stadtgefängnis. Wie romantisch, sagte jemand beim Besichtigen des Innenhofes. Aber es kommt wie überall einfach nur auf die Perspektive an. Denn das Tor war ja offen...
Ob Universität

Markthalle
Rathaus
Es ist ganz schön viel Stadt für nur einen Tag. Das könnt ihr mir glauben.

Dienstag, 16. Oktober 2012

Polen, erster Tag

Eine Pilgerreise durch Niederschlesien und Kleinpolen beginnt pünktlich, der Segen für die Pilger wird erteilt: Mehre den Glauben und stärke die Liebe, bis wir einst heimkommen...
Auf der Autobahnbrücke kann man weit über das Tal sehen, als würde der Bus darüber fliegen. Und wie Jona im Bauch des Walfisches, sitzen wir im Bauch des Busses, allerdings ist die Aussicht besser. Unterwegs auf der Via Regia, der Königsstraße, die von Spanien bis weit in den Osten führt, geht das Reisen schnell. Unberührt von den Orten führt die Autobahn, die Lärmschutzwände hindern jeden Blick darauf.
Mir bleibt das Staunen darüber, wie sich manche Mitpilger für die Reise gerüstet haben: Nicht nur mit Likör und Schnäpschen, auch Bügeleisen und Fön, Taschenlampen und andere nützliche Dinge sind eingepackt. 
Weil es nach Polen geht, ist es schon nicht schlecht, wenn man übt, wie polnisch geht: Hinter mir hört sich das an, als wenn kleine Kinder mit ihren Dampfloks zeigen, welche besser zischelt.
Hedwig von Schlesien war die Tante der heiligen Elisabeth - und ist die polnische Patronin, doch dazu später. Unser Abfahrtstag ist ihr Namenstag. 
In Görlitz gibt es eine Stadtführung mit Werbeblöcken über schöner Wohnen in Görlitz im Alter. 
    Denn es gibt für 100.000 Menschen Platz in der Stadt, doch es wohnen nur 60.000 hier.
 Gleich nebenan ist dann schon Polen, in Zgorzelec. Aus 50,- Euro werden 200,- Zloty. Die Wälder sind jetzt mit Birken und Kiefern bestückt und das Land ist eine weite Ebene. Die Sonne färbt die Wolken aus dem Schornstein, so dass der Rauch aussieht, als würde er noch brennen. 
Kurz vor Breslau haben wir das schlechte Wetter eingeholt, welches sich hoffentlich bis morgen wieder verzieht.
 

Montag, 15. Oktober 2012

Abschied

Nachts, wenn die Gedanken streunen wie herrenlose Hunde auf der Suche nach ihrer Nahrung Phantasie. Wie schaltet man analytisches Denken aus? Einfach einen Schalter umdrehen. Nur muss man ihn zuvor finden. Wenn ich wüßte, wo ich ihn suchen soll...

Neulich habe ich den Sinn gesucht. Und nirgends nicht gefunden. Selbst Anneli hat glaubhaft versichert, dass er bei ihr nicht sei, trotzdem sie alles auf den Kopp gestellt hat. Sie fand dolles Zeuch, aber es war nur Blödsinn im Haus.

Die Lampe verstreut einen Lichtkreis, außerhalb dessen kuschelige Dämmerung wohnt.

Ebenso die Laternen draußen auf der Straße.

Auf dem Bahnhof wohnt die Faszination, Bahnhofsmission, ankommen, abreisen, guten Tag, auf Wiedersehen, winken mit dem Taschentuch und laufen, laufen neben dem Zug, solange es geht, irgendwann ist der Bahnsteig zu Ende und der Zug abgefahren.
Irgendwo fährt die Bahn, auf den Gleisen, festgeschraubten Wegen immer unterwegs und alle anderen sitzen zu Hause.

Ich bin zu ungeduldig. Will gleich, und wenn nicht, dann gleich nicht.

Will spinnen lernen. Kann nie genug von dem haben, was ich weiß - und immer weiter lernen, Dinge aufsaugen und Dinge loslassen.

Morgen früh geht es los, auf eine Reise.
Ich nehme euch mit.
In Gedanken.
In Bildern.
In mir.
So.

Sonntag, 14. Oktober 2012

Seelenreise

Wenn die äußere Welt zusammenbricht, in Trümmer fällt, nicht mehr zu retten ist - dann ist es Zeit, auf Seelenreise zu gehen:

Was ist wichtig, welchen Auftrag habe ich in dieser Welt zu erfüllen?

Es gibt immer ein Füllhorn an Möglichkeiten, immer habe ich die Wahl und muss mich nur entscheiden, für das, was ich will. Und nicht nur einfach ablehnen, was ich nicht will, das ist zu einfach. 

Doch dafür muss ich wissen, was ich will, was mir gut tut, was mir weiter hilft, was mich im Leben weiter bringt, statt nur in Kreisen zu ziehen und nicht voran zu kommen. 

Das heißt auch: Dinge nehmen können und "Ja" zu den Möglichkeiten sagen. 

Mutig sein. Auch wenn ich lieber mutig bin, wenn mich niemand sieht.
Grenzen überschreiten.
In mir.
Lieben. Uneingeschränkt. 

Samstag, 13. Oktober 2012

Zeit

Seltsame Dinge geschehen in Nächten, weise Frauen raunen in Träumen:

Es ist nicht genug. Es war nicht genug. Du hast die Prüfung nicht bestanden. 
Wann ist es Zeit, für genug?

Die Sterne glitzern kalt und sind unerreichbar.
Im Januar ist die Zeit des Zählens, des Denkens, der Entwürfe, des Innehaltens und des Sortierens: Alles ist da, Ist es genug? Oder ist es eher die Zeit, nach der Ernte, Ernte sei Dank. Alles im Keller, alles gehortet, katalogisiert, inventarisiert, eingemottet, eingeweckt, vor dem Verfall bewahrt.

Zeit der Ruhe
Zeit des Wachsens
Zeit des Werdens
Zeit der Reife
Zeit der Vollendung
Zeit des Abschieds.

Müssen Bilanzen immer positiv sein? Schweifende Gedanken lassen sich nicht fangen, halten, bilanzieren. Sie sind da - und wieder weg. Und wenn ich sie nicht geteilt habe, dann sind sie ganz entschwunden. 

Schreibend träumen - 
                     träumend schreiben.


Dienstag, 14. August 2012

der Dax und die Wirtschaft

Familie Dax trauert
… und die Weltwirtschaft schlägt Purzelbaum.
„Ich habe es schon immer gewusst“, brummelte Großvater Dax: „das konnte nicht gut gehen!“ Er saß behäbig vor dem weit verzweigten Bau. Nichts war es wohl in diesem Jahr mit dem Winterschlaf. Denn alle Vorräte waren futsch.
Der alte Dax würde selbst  die leeren Speicher wieder füllen müssen, damit die Familie über den Winter kam. Dabei schmerzten ihm die Glieder und er wollte sich von der jüngsten Däxin wärmen lassen. Aber ohne Vorräte nutzte die beste Wärme und die dick angefressene Speckschwarte nichts.
Die jungen Daxe waren sie übermütig durch den Sommer getollt. Sie wussten alles besser, schlugen die Ratschläge des alten Dax in den Wind und verjuxten fröhlich den bereits gesammelten Wintervorrat. Sie wetteten mit den Eichhörnchen, dass diese den Vorrat finden würden (die Eichhörnchen fanden aber wie immer nichts), verschacherten ihn gleichzeitig an die Feldhamster – von denen sie dafür ein paar Sonnenstrahlen im Winter bekommen sollten, mit denen sie die Maulereien des alten Dax besänftigen wollten. Und über die Warnungen des alten Daxes vor dem schwarzen Todesstreifen lachten sie nur: „Dahinter ist bestimmt das Land, in dem es immer zu fressen gibt – nur die Alten gönnen es uns nicht. Für die sollen wir mühselig alle Vorräte einzeln zusammentragen: Wie öde!“
Der alte Dax hatte den Jungen erzählt, dass noch nie ein Dax wiedergekehrt sei, wenn er diesen schwarzen Streifen überquert hätte. Die meisten der Besserwisser hatten ihn lediglich erreicht, lagen tot am Rand und wurden von den Krähen zerfetzt.
Die jungen Daxe lachten nur, stachelten sich an und prahlten, was sie für Schätze in den Bau bringen und damit den alten Dax Lügen strafen würden. Denn selbstverständlich war der alte Dax nur ein Feigling, der sich nicht wagte, in dieses gelobte Land zu ziehen, in dem Nüsse und andere Leckereien einfach immer von den Bäumen fielen.
Doch nun --- als die jungen Daxe ausblieben, machte sich der alte Dax langsam auf die Wanderung. Er schubberte mit seinem dicken Bauch über den Boden wie ein alter Scheuerlappen. Er lief und lief, bis zu dem schwarzen Streifen kam. Und hier lagen sie, wie sie immer gelaufen waren: vorneweg die wilden Daxe, dahinter die ängstlicheren. An den Nasen klebte Blut und die Krähen hatten schon ordentlich gepickt. Der alte Dax schnuffelte an jedem der Jungen, doch sie waren kalt und steif.
Nun musste er die Wirtschaft wieder auf seine großväterliche Weise retten – denn der nächste Winter kam. Und solange keine Vorräte im Bau waren, konnte er sich nicht zur Winterruhe setzen. Sonst würde er einfach verhungern.

Dienstag, 19. Juni 2012

Vernunft und Liebe

Vernünftig sein.
Was ist Vernunft? 


Fragen stellen. Löcher in den Bauch fragen. Neugierig sein, nicht aushalten können. Erst Ruhe geben, wenn ich weiß, was an Weihnachtsgeschenken im Schrank liegt. 
Weiß ich erst dann, was ich mir wünschen darf - auf dass ich nicht enttäuscht werde?
Vorsichtshalber alles besser wissen.
Könnte ja sein, dass die anderen kein Recht haben. 

Was ist Liebe?
Wenn du immer lieb bist - solchen Antworten ist grundsätzlich zu mißtrauen. 

Grundsätzlich nichts glauben. Und wissen: Meine Erinnerung gehört mir. Auch, wenn die anderen behaupten, es sei völlig anders gewesen.

Dienstag, 3. April 2012

Der Heldrastein


Heldrastein
Der Heldrastein war das erste Ausflugsziel aus dem alten Wanderführer. Zwischen Schnellmannshausen und Großburschla gibt es einen passenden Parkplatz für die Pferdchen unter der Haube.

Der Weg ist steil - nennt sich ja auch Barbarossatreppenweg - , mit vielen Stufen - aber glücklicherweise sind in kurzen Abständen Bänke aufgestellt, so dass auch ungeübte Wanderer immer wieder ein Päuschen machen können.
Dieser Weg wird als der schönste Abstieg empfohlen, durch den Buchenhochwald. 

Ein Turm steht oben auf dem Heldrastein, nach der Öffnung der innerdeutschen Grenze wieder aufgebaut, die Treppenstufen im Inneren der Stahlkonstruktion zieren Schilder mit den Namen der Sponsoren. 

Auf dem alten Bild im Buch ziert ebenfalls ein Turm den Heldrastein: Der 1890 eingeweihte Karl-Alexander-Turm, der nach dem damaligen Landesherren benannt war. 

Nach dem zweiten Weltkrieg lag der Heldrastein direkt an der Grenze, der alte Turm wurde abgerissen und dafür auf der Hüneburg Anlagen aufgebaut, mit denen der Feind abgehört werden konnte.  
 
Heiligabend 1989 konnten endlich wieder ganz normale Menschen das Gelände des Heldrasteins betreten - und es wurde bald ein neuer Turm errichtet. 

Wir kletterten die Treppenstufen nach oben - wenn man schon mal da ist, muss das sein - und genossen die Aussicht. Auf Tafeln war beschrieben, was bei guter Sicht in der Ferne zu sehen ist: 

Die Werraberge ebenso wie der Hülfensberg, der Mühlhäuser Wald und der Hainich, die Rhön ebenso wie bei klarer Luft der Brocken. 

Hier im Fenster ist Treffurt mit dem Normannstein zu sehen. 





Wenn man den Steig nach oben kommt, liegt der Heldrastein rechts. Und geht man nach links, kommt man zur Hüneburg. Hier sei eine alte Siedlungsstätte gewesen, informiert eine Tafel. Dies sei eine Höhenburg aus der Eisenzeit gewesen. 

Auf einer anderen Tafel warnt ein Schild mit der Erzählung, hier sei einst ein Volksschullehrer hinabgestürzt und tödlich verunglückt. Auch die Sage vom Ritter Hermann von Treffurt steht geschrieben:

Dieser verirrte sich einst auf der Jagd und stürzte mit seinem Pferd hinunter in die grausige Tiefe. Weil er währenddessen noch schnell ein Ave Maria betete, wurde er gerettet. 

Eine andere Sage erzählt vom wilden Räuber Henning - aber die beschreibe ich ein anderesmal.