Sonntag, 31. August 2014

Reise nach Kappadokien - 15: Das Studium der Teppichwissenschaft

Es war jeden Sommer das gleiche Drama: Irgendwann fing der Teppich an zu leben. Wer mit nackten Füßen und bloßen Beinen auf den Teppich kam, hatte schnell schwarze Punkte an den Beinen. Die Flöhe, die von den Katzen ins Haus getragen worden waren, wollten Blut. Nur die Katzen waren fern und trieben sich lieber draußen herum. Also nahmen die Flöhe, was sie kriegen konnten.
Das ist ein Grund, warum ich so froh darüber bin, dass in der jetzigen Wohnung Parkett liegt.

So wird die Knotendichte vom Teppich berechnet
Cankut Yilmaz, Besitzer der Teppichfabrik, hält einen Seidenkokon in der Hand und lässt diesen an seinem Faden ein Stückchen herunter. Der Faden ist nicht zu sehen. Würde dieser anderthalb Kilometern lang sein, wäre er gerade ein einziges Gramm schwer. Von solchen Fädchen passen immerhin 400 Knoten auf einen Quadratzentimeter Seidenteppich. Das ist ein Zentimeter mal ein Zentimeter.
(Ich würde für die 400 Knoten eine Ewigkeit brauchen, wenn ich das knüpfen müsste)


Wir sollen uns das Nomadenleben vorstellen.
Die Knüpferinnen sitzen gebeugt über ihren Teppichen und die Kettfäden sirren leise, wenn die Frauen jeweils einen hinteren und einen vorderen mit dem bunten Faden verknüpfen, diesen dann mit dem Messer in der rechten Hand abschneiden. Mit einer großen Schere wird ab und an der Flor so weit gekürzt, dass nur drei Millimeter übrig bleiben. 

"Meine Künstlerinnen", nennt Yilmaz sie, "mein Rembrandt und mein Van Gogh" und zählt auf, was sie von ihm bekommen, wenn sie einen Teppich fertig stellen. Inzwischen sei das Knüpfen von Teppichen in der Türkei ein Ausbildungsberuf, erzählt er. Wenn gerade hier, im Hinterland, dort, wo sonst nichts ist, die Frauen eine Ausbildung bekämen, dann heirateten sie nicht ganz so jung und bekämen auch erst später ihre Kinder. Bildung habe hier mehr Wert, als Reichtum: Wo sich die Wirtschaft entwickeln könne und die Menschen Berufe erlernen, mit denen sie ihr Geld verdienen können, dort gäbe es keinen Terrorismus, vermutet Yilmaz. 

Er holt ein altes Buch aus einem Koffer, zieht sich vorher weiße Handschuhe an: "Der Koran der Teppichkunde!", blättert in dem Buch, das vor fast 100 Jahren gedruckt wurde und schwärmt vom Kaiser Wilhelm II. Der ist zwar schon eine Weile tot, bekam aber von seinem Kumpel Mehmet II. alte Teppiche, die sich seitdem im Bodemuseum in Berlin befinden. 

Ein Korb mit Wolle. Vom Schaf.
Sechs junge Männer kommen, stellen sich in einer Reihe auf und werden von Yilmaz vorgestellt, ihre Frauen, Mütter und Schwestern seien alles Knüpferinnen, die zum Einkommen in der Familie beitragen. Er will Dinge richtig stellen, die von den Medien falsch berichtet würden, sagt er und erklärt weiter, dass das, was uns aufdringlich erscheine, wenn wir in türkischen Läden einkaufen wollten, einfach nur ein kultureller Unterschied sei: Sie - die Türken - seien nicht aufdringlich, sie seien nur fleißig und wollten bedienen. 

Mir jedoch ist das blanke Parkett lieber, als so ein Flohbunker, ob echt von Hand oder mit der Maschine geknüpft. Deswegen schaue ich mich zwar ein wenig um, bewundere die Teppiche, die überall an den Wänden hängen und setze mich auf einen Tee und warte, dass der Reisebus uns wieder abholt. 




Sonntag, 24. August 2014

Reise nach Kappadokien 14 - Die Drei Schönen

Längst waren alle Saurier auf der Erde gestorben und bis auf die Knochen abgenagt, die später von den Menschen wieder aus der Erde gebuddelt werden sollten. Säbelzahntiger jagten hinter Rüsseltieren her, katzengroße Pferdchen grasten auf weiten Wiesen. Wenn es je ein Paradies gab, dann war es vielleicht hier zu finden, es gab weder Kriege noch Umweltverschmutzungen, weil noch kein Mensch die Welt bevölkerte. Doch schon damals lag neben dem Paradies die Hölle nebenan: Hier waren es die drei Vulkane Erciyes Dağı, Hasan Dağı und Melendiz Dağı, wie sie später genannt wurden. 

der erloschene Vulkan ist heute von Schnee bedeckt
Ob sich die Vulkanausbrüche mit Rauchzeichen oder kleineren Erdbeben ankündigten, so dass die Tiere fliehen konnten? Es waren heiße Zeiten: Regelmäßig spuckten die drei Vulkane unvorstellbare Mengen an Lava und Asche über Kappadokien. War die heiße Asche kühl, wuchsen rasch wieder neue Wiesen, auf denen Tiere grasten, die nichts von der heißen Hölle ahnten. 




Immer wieder spuckten die Vulkane Magma, ließen Asche und Lava über die Landschaft regnen. Aus dem heißen Ascheregen bildete sich Tuff, der immer dann entsteht, wenn das flüssige Magma nicht als glühender Strom aus dem Vulkan fließt, sondern mit hoher Wucht aus dem Krater geschleudert wird. Dabei zerstäubt alles zu staubfeinen bis faustgroßen Brocken, die als glühender Regen auf die Erde fallen. Viele Meter hoch legte sich die Vulkanasche über das Land. In den Tälern, die tief in das märchenhafte Land eingeschnitten sind, lässt sich ahnen, wie hoch einst die Erde von heißer Asche bedeckt war. 

Eine märchenhafte Landschaft aus Vulkanasche
Manchmal schleuderten die Vulkane auch größere Brocken, die sich überall verteilten: Heute bilden diese die kleinen Mützchen auf den einzelnen Stelen. Im Hintergrund des Panoramas ragt der Erciyes Dağı achtungsvoll mit einer kalten Schneehaube empor, wie ein weiser Alter. An seine stürmische Jugendzeit erinnern dagegen die drei Schönen, die im Vordergrund stehen: 




Die Drei Schönen
Drei hohe Säulen aus Tuffstein sind mit einem Deckstein bedeckt. Sie wirken wie grob geschnitzte Figuren aus einem Riesentheater, stumme Zeugen einer heißen Vergangenheit, die in Jahrmillionen von Wind, Regen, Hitze, Kälte oder Sturm aus dem Stein geschaffen wurden. Dank der Kappe, die aus einem härteren Material besteht, wurden sie vor der Erosion geschützt. 

Immer noch wirken Wind und Wasser an den Steinen, schmirgeln Körnchen für Körnchen heraus, lassen alte Feenkamine einstürzen und legen an anderen Stellen neue frei. Manche sind über siebzig Meter hoch, und damit höher, als ein Riesenrad. Andere sind etwas kleiner. Manche sind spargeldünn, andere zwanzig Meter stark. Schroffe Falten liegen neben spitzen Felsnadeln. In manche dieser Schluchten kann man ein Stück weit hineingehen, bevor die Felswände so dicht aufeinanderrücken, dass kein Durchkommen mehr möglich ist. 
Das letzte Mal brach der Hasan Dagi übrigens vor rund 9000 Jahren aus. Das ist fast wie vorgestern, so erdgeschichtlich gesehen. 




Sonntag, 3. August 2014

Reise nach Kappadokien: Eine kulinarische Reminiszenz

In einem guten Urlaub spielt gutes Essen eine wesentliche Rolle: Endlich brauche ich nicht selbst zu kochen und kann aus einer riesigen Menge an gebotenen Leckerbissen am Büffet wählen. So reichhaltig ist der Kühl- und Vorratsschrank zu Hause nicht bestückt, schon allein, weil wir selbst zu dritt nicht so viel futtern könnten, auf dass nichts weggeworfen werden muss. 
Die Qualität der Büffets in den einzelnen Hotels war auf dieser Reise durchaus unterschiedlich. In dem ersten Hotel, welches in einer Anlage in Alanya war, war es ziemlich reichhaltig und ganz gut, aber eher noch naja. Das zweite Hotelbüffet, in Kappadokien, war zwar nicht ganz so reichhaltig, dafür aber superlecker und das dritte in Antalya war so miserabel, dass selbst der angebotene Pudding schon mit dicken Falten auf der Haut zeigte, dass ihn keiner wollte. 
Zu Hause angekommen, ist es immer wieder nett, Gerichte nachzukochen, die ich in der Erinnerung habe. Es gibt zwar Kochbücher und Rezeptsammlungen im Internet, die nehme ich immer gerne als Anregung, um die darin enthaltenen Gerichte so abzuwandeln, dass es wieder so schmeckt, wie in meiner Erinnerung. 
Seit im Gewächshaus die Gurken himmelhoch wachsen und so viele Früchte liefern, dass wir uns damit auf den Markt stellen könnten, ist Abwechslung beim Gurkensalat Pflicht. Einen Gurkensalat in Joghurtsauce gab es in einem Hotel. Also nehme ich:

Gurkensalat in Jogurtsauce

- zwei Gurken
- 1/2 Liter Jogurt
- 1 Eßlöffel Olivenöl
- Knoblauchzehen: Hier kann jeder selbst ausprobieren, wie scharf er es mag. 
- Dill und Minze







Weil die Gurken ungespritzt sind, schneide ich nur ganz dünn die Schale dort weg, wo sie etwas dicker und knubbeliger ist, teile sie längs in vier Viertel und würfele sie. Unsere Gurken sind ziemlich fest, und enthalten relativ wenig Wasser, deswegen spare ich mir einen Arbeitsgang. Wer jedoch gekaufte Gurken nimmt, sollte die Stücken salzen und ein wenig abtropfen lassen. Sonst wird der Salat ziemlich wässerig. Knoblauchzehen schälen und zerdrücken, Gurkenstücke und Jogurt und die Gewürze mischen, fertig. Hinterher hab ich noch groben gemahlenen Pfeffer über die einzelnen Portionen gestreut, das wars. 

Dazu gab es gekauftes Fladenbrot und 

Türkische Frikadellen

- 300 g Weizengrieß
- 1 Zwiebel
- 3 Knoblauchzehen
- Gemüsebrühe
- Paprikamark
- Paprikapulver
- 500 g Rinderhackfleisch
- glatte Petersilie





Den Weizengrieß in Gemüsebrühe kochen, so dass er mittelmäßig fest wird, wie Brei (nicht ganz so fest, dass sich die Nocken für Suppe ausstechen lassen). Grieß, Zwiebeln, Knoblauch, Paprikamark und Paprikapulver miteinander in einer Schüssel vermengen, das Hackfleisch dazu und alles zu einem Teig kneten. (Bisher kannte ich Rinderhackfleisch nur als eine krümelige Masse, die sich nur widerwillig formen ließ und gerne immer auseinanderbröselte. Mit dem Grieß dazwischen hielt alles besser zusammen, als mit der Ei-und-Semmelbröselvariante). Petersilie hacken und untermengen, den Teig zu Fleischbällchen formen und braten. 

Alles hat sehr gut geschmeckt - und am liebsten würde ich gleich wieder los.