Ein bisschen sehen die Säulen mit ihren Mützchen so aus, als seien die Mönche zu Stein erstarrt und hätten ihre Kapuzen für immer über das Gesicht gezogen, so dass niemand sie mehr ansprechen kann. Die Säulen als solche werden Feenkamine genannt, und sie blieben dort stehen, wo die butterweichen Steinschichten durch ein härteres Lavamützchen geschützt waren und nicht von Wind und Wetter abradiert wurden. Auf dem Bild ist gut zu sehen, wie weich der Stein ist: Rechts die Trittstufen wurden von den Touristen eingegraben, auch der Mann rechts sitzt auf einem Sessel, der von den Berührungen geformt wurde. Unten im Tal sind die Säulen, die Feenkamine.
In einigen der Säulen sind Räume, in denen einst Einsiedler wohnten. Hinauf ging es nur mit einer Leiter. Denen war damals schon die Welt zu viel, die Menschen um sie herum, so dass sie hinauszogen in die Einsamkeit. Was würden diese Eremiten heute sagen, in unserer Zeit, in der jeder ständig und überall erreichbar sein muss? Ob es allerdings im Mönchstal Internet- oder Handyempfang gibt, habe ich nicht überprüft, obwohl ich in eine Ecke des Tales noch so lange einem kaum erkennbaren Trampelpfad gefolgt bin, bis es wirklich nicht mehr weiter ging und dieser zwischen Gestrüpp und Steinen endete.
Eine Kapelle ist St. Simeon geweiht, der im 5. Jahrhundert in der Umgebung von Aleppo lebte, als Einsiedler. Irgendwie macht ein solch zurückgezogenes Leben doch die Menschen neugierig. Wie lebt jemand so ohne Schwätzereien und alleine? Wer sich seinen Mitmenschen entzieht, gibt deren Phantasie Nahrung. Deswegen kamen möglicherweise die neugierigen Frauen dann auf die glorreiche Idee, dass Simeon Wunder wirken und heilen könne. Das war doch Grund genug, zu ihm zu pilgern - und ihn, der doch lieber alleine gewesen wäre, zu nerven. Also hat sich Simeon auf eine Säule gesetzt: So war er 15 Meter näher am Himmel und so weit weg von den Menschen, wie es ihm möglich war. Hier oben konnte er in aller Ruhe meditieren. Zur Erde stieg er nur dann hinab, wenn er ein wenig essen und trinken musste - seine Verehrer brachten ihm mehr als genug davon. Ob sich Simeon jemals wieder gewaschen hat? Dann war es wahrscheinlich ganz gut, dass er außerhalb der Nasenweite saß. Aber wahrscheinlich haben die früheren Heiligen ohnehin mehr gestunken, als wir uns heute vorstellen können.
Der Film Simón del desierto (1965), auf deutsch: Simon in der Wüste ist ein Film von Luis Buñuel, den dieser über ebenjenen Säulenheiligen drehte. In diesem ist zu sehen, wie sich der Satan in unterschiedlichen Gestalten nähert und Simeon auf seinem steinernen Hochsitz verführen will: Als Frau im Matrosenanzug und als blonder Hirte mit Locken versucht er noch, Simeon von unten zu locken. Erst beim dritten Mal klettert Satan schließlich als Frau an der Säule hoch und schmust mit Simeon. Doch der Heilige bleibt standhaft, so wie seine Säule und sieht schlussendlich, wie der Böse auf einem Borstentier davoneilt: Simon in der Wüste.
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