Sonntag, 13. Juli 2014

Reise nach Kappadokien 12: Ein bunter Abend

Die Tänzerin bei Licht besehen
Was macht ein türkischer Mann, wenn eine Bauchtänzerin so lange vor ihm tanzt, bis er endlich Trinkgeld gibt? Sollte er alleine oder in Gesellschaft anderer Männer unterwegs sein, dann genießt er. Und schaut. Und wartet. Er faltet einen Geldschein, klemmt ihn zwischen seinen Zeige- und Mittelfinger und wartet so lange ab, bis die Tänzerin nahe genug an ihn herangekommen ist: Dann lupft er nur ein ganz kleines bisschen mit dem Ringfinger den BH-Träger der Tänzerin. Nur ein bisschen und damit meine ich: Ein BH-Träger ist schließlich keine Bogensehne! Er lupft ihn also nur so weit, dass er den gefalteten Geldschein darunter schieben kann. Schon kleine Jungen lernen das von ihren großen Brüdern oder ihren Vätern, wenn sie mit ihnen unterwegs sind. Wird der türkische Mann dagegen von seiner Frau begleitet, dann blinzelt er der Bauchtänzerin höchstens so vorsichtig zu, dass die Frau nichts davon mitbekommt. Offen hinschauen und genießen? Wenn er keinen ausgewachsenen Ehekrach haben möchte, dann lässt er das, schaut nach unten, zur Seite, zu seiner Frau, irgendwohin, aber niemals, wirklich mit keinem Blick, zur Bauchtänzerin.

Die gleiche Tänzerin bei Dunkelheit
Da ich ebenso wenig, wie die anderen Mitreisenden weder mit türkischen Männern aufgewachsen bin, noch mit ihnen jemals unterwegs war, damit ich lernen konnte, wie man sich richtig benimmt, gab es eine kurze türkische Sittenkunde durch den Reiseleiter. Volkstänze wurden gezeigt, wie sie traditionell in den türkischen Dörfern bei Hochzeiten und anderen Feiern, an Feiertagen, zur Verabschiedung der Rekruten, zu Siegesfeiern, kurz: Immer, wenn es eine passende feierliche Gelegenheit gab, aufgeführt wurden und werden. Auch bei uns gibt es Folklore-, also Volkstänze, wie beispielsweise den bayerischen Schuhplattler oder beispielsweise den Walzer. 

An diesem Abend wurde ein erst langsamer Tanz aufgeführt, der den Ablauf eines türkischen Polterabends widerspiegelte: Der Bräutigam wurde eingeseift und rasiert, die Hände der Braut mit Henna gefärbt. Später tanzten auch andere Gäste im Reigen mit. Immerhin standen genügend Flaschen mit Raki und Rotwein auf den Tischen, alles im Preis inbegriffen. Sicherheitshalber blieb ich lieber sitzen. Besser ist das. Meine letzte Tanzstunde ist gefühlt mindestens schon hundert Jahre her. Und bei den anderen sah das auch nicht so taktsicher aus, wie bei den Türken. Das musste ich einfach völlig neidfrei feststellen. Die Türken tanzten wirklich besser. 

Bauchtanz
Die Bauchtänzerin, die zum Schluss auftrat, ebenso. Am Nachbartisch saß ein türkisches Paar, feierte den Hochzeitstag, wie sie erzählten. Die Bauchtänzerin kam, der Mann betrachtete völlig konzentriert seine Fingernägel. Sie tanzte, schüttelte mit ihren Klimperketten, es fehlte nicht viel, und der Mann hätte in seiner Nase gepopelt, nur um zu zeigen, dass ihn der Tanz nicht interessiert. Die Frau dagegen war super aufmerksam: Sie schaute genau, wohin der Mann sah, bis dieser endlich einen Geldschein aus der Tasche fingerte, diesen faltete, zwischen Zeige- und Mittelfinger klemmte und mit dem Ringfinger den Träger des BHs lupfte, nur ein ganz kleines bisschen, bis er gerade so den Schein unter den Träger schieben konnte. 

Obs zwischen den beiden noch Krach gab? Keine Ahnung. Solange wir als Publikum daneben saßen und interessiert guckten, waren sie ganz lieb und freundlich. 







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